Kreuzberger Chronik
Juni 2024 - Ausgabe 260

Briefwechsel

Das klingt nach einer Drohung


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von Heike Gerbig

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Sehr geehrte Redaktion!

In Ihrer Aprilausgabe hatten Sie über die Bürgerproteste gegen die geplanten Hochhäuser am Gleisdreieck berichtet und befürchtet, dass der Senat die Sache an sich ziehen und die Entscheidung über den Kopf des Bezirks hinweg fällen könnte, und zwar zugunsten des Investors.

Da scheinen Sie recht zu haben. Gaby Gottwald, Mitglied der BVV für Die LINKE im Ausschuss Stadtentwicklung, hat in der aktuellen Ausgabe von klar.links geschrieben, dass nun bereits zwei Rechtsgutachten bestätigen, dass dem Investor keine Entschädigungszahlungen zustehen würden, wenn er sein Bauvorhaben nicht verwirklichen kann, und dass die BVV eine Steuerungsgruppe eingerichtet hat, die in einer Planungswerkstatt gemeinsam mit lokalen Akteuren die realen Bedarfe als Grundlage für einen neuen Bebauungsplan ermitteln soll. Dennoch habe Senator Gaebler den Bezirk aufgefordert, den Bebaungsplan rechtlich abzuschließen. Das klingt für Gottwald nach einer Drohung:

»Pariert der Bezirk nicht, zieht der Senat das Verfahren an sich.« Gottwald schreibt weiter: »Ist der Senat entschlossen, die Interessen der Grundstückseigentümerin abzusichern? Diese ist seit Ende 2020 die Urbane Mitte Besitz S.A.R.L. in Luxemburg, die zu 89 % der DLE Group gehört. Deren Geschäft ist laut Handelsregister »die Anlagestrategieberatung für Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Erwerb von Grundstücken und deren Entwicklung bis zur Baugenehmigung und der anschließenden Veräußerung«.

Seit Februar 2024 hält Christian Angermayer, Eigentümer der Apeiron Investment Group Ltd. mit Sitz auf Malta, mehr als ein Viertel der Aktien der DLE Group. Laut Einladung zur Aktionärssitzung im Mai wird er die Vorstandsposten der DLE Group neu besetzen. Angermayer ist eine schillernde Figur im internationalen Investmentgeschäft. Laut Forbes investiert der Milliardär über das Familienunternehmen Apeiron in Finanztechnologie, KI, Psychedelika und Kryptowährungen.

Zu seinen Geschäftspartnern gehören laut Stern vom 2.2.2023 auch der umstrittene US-Tech-Investor Peter Thiel, Großspender von Trump und neuer Arbeitgeber von Sebastian Kurz, der Krypto-Milliardär Mike Novogratz sowie der ehemalige Vorstand von Wirecard. Seine politischen Kontakte spann er ebenfalls zu den Ex-Ministern für Wirtschaft und Gesundheit Altmaier und Spahn.

Die BVV muss nun unter großem Druck entscheiden, ob sie den Investoren die Rendite sichert oder nach fast 20 Jahren erstmals ermittelt, was überhaupt gebaut werden soll, was gewollt und gebraucht wird. Für uns Linke ist klar, dass wir auf Zweiteres pochen werden. Der Senat muss entscheiden, in wessen Dienst er steht.«

Ich dachte, das könnte Ihre Leser interessieren. mfG-Gertrud Schäfer

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