Kreuzberger Chronik
April 2024 - Ausgabe 258

Tenzer

In der Fröbenstraße


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von Gerhard Tenzer

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Künstler neigen dazu, hin und wieder auch sich selbst in Szene zu setzen. Dieses Frühwerk Tenzers, das ihn bei der Arbeit zeigt, entstand in seinem Atelier in der Frobenstraße. Das Bild bezeugt, wie schwierig die Arbeitsverhältnisse für Künstler schon in diesen Jahren gewesen waren. In seinen persönlichen Aufzeichnungen heißt es dazu:



»Mitte der Siebzigerjahre mietete ich in einem Abrisshaus in der Frobenstraße einen ehemaligen Bäcker-Laden als Wohnung und Privatgalerie. Am Tag meines Einzugs war es bitterkalt, nur ein kleiner Kohleofen und eine ständige Mütze auf dem Kopf retteten mich in diesen Tagen vor dem sicheren Tod durch Erfrieren. Hilfreich war auch die herzliche Nachbarschaft im Haus. Man war überall willkommen und irgendwo glühte immer ein Kachelöfen.

Im ersten Stock wohnte oder hauste Uschi, deren Nachnamen ich schon vergessen habe. Sie war in den 20ern und 30ern eine bekannte Schauspielerin und in vielen Defa-Filmen zu sehen, durchweg seichte Unterhaltungsstreifen. Uschi kam regelmäßig zum Kaffee und saß mit mir im imposanten Schaufenster mit Blick auf die Schweriner Straße und den Nollendorfplatz.

Eingenebelt vom Zigarettenqualm sprachen wir über alles mögliche, wobei die Erinnerungen an ihre Drehtage den größten Raum einnahmen. Besonders die plötzlichen Besuche des Propagandaministers Joseph Goebbels, der seine Pralinenarrangements hinter den Kulissen mit übertriebener Gönnermiene den Stars und auch den Sternchen überreichte, waren ihr in guter Erinnerung geblieben. Uschi war überzeugt, dass seine häufigen Besuche vor allem ihr galten. Und ergänzte: Man kann ja alles mögliche über ihn sagen, aber charmant war er, unglaublich charmant

So hält Gerhard Tenzer es in seinen Erinnerungen fest. Er beschrieb damit keine Ausnahme, sondern die Regel: In den Siebzigerjahren waren verharmlosende Kommentare über die Verbrechen der Nazis keine Seltenheit. Tenor: Es war ja nicht alles schlecht, was die gemacht haben. Das schien vorbei zu sein. Aber....


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