Kreuzberger Chronik
Juni 2022 - Ausgabe 240

Hausverbot

Eine Amerikanerin im Teesaloniki


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von Ina Winkler

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Die Griechen sind bekannt für ihre Gastfreundschaft. Die ersten Touristen, die in den Sechzigerjahren das Land besuchten, berichteten davon, wie Ehepaare in der Rumpelkammer schliefen, nur damit die Gäste es sich im Ehebett bequem machen konnten. Oder davon, dass der Wirt ein halbe Stunde unterwegs war, nur um Eier für das Frühstück der Fremden zu besorgen. Es soll sogar vorgekommen sein, dass sie nach christlicher Sitte den Wanderern die Füße wuschen, bevor sie ihnen das Bett anboten.

Noch heute sind Spuren dieser Rituale zu finden, so auch in der Böckhstraße, wo Panos auf sehr wenigen Quadratmetern einen kleinen Teesalon namens Teesaloniki eröffnet hat. Er verkauft dort griechische Kräuter und Honig, und wenn die Sonne scheint, serviert er draußen an zwei kleinen Tischen Tee und Kuchen. Die meisten seiner Gäste wissen seine Gastfreundschaft zu schätzen.

»Aber es gibt welche, die glauben, die Welt gehört ihnen. So wie diese Studentin. Die sah nicht so aus, als würde sie unter großer Armut leiden: Lächelt freundlich, setzt sich, bestellt einen Tee, zieht sich den zweiten Tisch heran und schiebt beide zusammen. Dann breitet sie ihre Bücher aus und klappt das Laptop auf. In zwei Minuten sah das hier aus, als wäre es ihr Büro! Ich glaube, sie war Amerikanerin.«

Panos kümmert sich nicht weiter um sie, sondern konzentriert sich auf seinen Kuchen. Oder plaudert mit den Nachbarn, deren Waldhonigglas schon wieder leer ist. »Nach einer halben Stunde geht dem Laptop meiner Amerikanerin der Strom aus. Also verlegt sie ihr Kabel durch den halben Laden bis zu meiner Steckdose. Ohne zu fragen oder ein freundliches Wort zu sagen.« Panos sagte auch nichts. Die Griechen sind eben ein gastfreundliches Volk.

»Nach ungefähr zwei Stunden kommt sie dann auf die Idee, dass auf ihren zwei Tischen noch Platz für ein Tellerchen mit Kuchen wäre. Und nach noch einer weiteren Stunde kommt ihr Freund, um sie endlich abzuholen. Ich sage: Vierfünfzig. Sie kramt in ihrer Tasche und übergibt mir einen Haufen Kleingeld, lauter Kupfer. Und dann holt sie sich die Speisekarte und fängt an zu rechnen und sagt, das könne nicht sein, der Kuchen koste doch nur 2.90! Hier stehe es.

Ich sage ihr, dass ich noch nicht dazu gekommen sei, die Karte umzuschreiben, aber der Kuchen koste jetzt 3 Euro. – Da fängt sie an, in ihren Taschen herumzukramen und nach den verdammten zehn Cent zu suchen. Ich steh in der Tür und warte. Wortlos. Sie kramt weiter. Ich werfe ihrem Freund einen fragenden Blick zu, aber der hat offensichtlich auch keine zehn Cent mehr. So geht das fünf Minuten. Ich war drauf und dran, ihr ihr verdammtes Geld auf den Tisch zu hauen und zu sagen, sie solle verschwinden. Aber wir Griechen sind eben so ein gastfreundliches Volk!« •


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