Kreuzberger Chronik
März 2021 - Ausgabe 227

Mühlenhaupts Erinnerungen

Frau Dr. Erika Schachinger


linie

von Kurt Mühlenhaupt

1pixgif








Wer ist nun Frau Dr. Erika Schachinger? In welcher Beziehung stehe ich zu ihr und umgekehrt.

Vorab muß ich sagen, wir könnten nicht verschiedener sein und doch verbindet uns viel miteinander. Da ist eine große Seelenverwandtschaft und doch weiß jeder von uns, er kann nicht lange mit dem anderen zusammenleben.

Wir könnten auch ein Liebespaar sein. Allerdings eines, das unter einem unglücklichen Stern steht. Mein liederliches und risikoreiches Leben könnte sie nicht lange ertragen. Ein Leben, das ständig nach Erlebnissen sucht und kein Abenteuer scheut.

Sie hingegen ist eine ordentliche Frau, die ihren Pflichten als Studienrätin nachging. Vom Weg der Tugenden könnte sie nie weichen.

Bei ihr liegt alles seit Generationen im Blut. So bleibt uns nur die Freundschaft und ihr ein lebensgroßer Akt von mir über ihren Bett. So leben wir nebeneinander und freuen uns, wenn wir uns sehen. Wo sie nur kann, da hilft sie mir.

Als mal vor Jahren ein lückenloses Verzeichnis meiner Graphiken gebraucht wurde, übernahm sie es, alles zusammenzutragen. Das war nicht leicht für sie, denn es stellte sich heraus, daß ich ewig nur produzierte, aber nie etwas registrierte. Da fuhr sie kurz entschlossen kreuz und quer durch Berlin und machte ihre Notizen. Sie reiste nach Westdeutschland und ließ nicht locker. Zwei Jahre brauchte sie, um mein Leben wenigstens auf dem Papier zu ordnen. Die Nachwelt wird es ihr danken.









Entnommen aus Kurt Mühlenhaupt, Rund um den Chamissoplatz, 1969 - 1975


zurück zum Inhalt
© Außenseiter-Verlag 2024, Berlin-Kreuzberg