Februar 2020 - Ausgabe 216
Kanzlei Hilfreich
Der verschwundene Millionär von Kajo Frings |
Der Klassiker: Eine Frau umsorgt einen alten Mann, um ihn zu beerben. Doch das läuft schief, solange Hilfreich in der Stadt ist. Rechtsanwalt Hilfreich hatte Frau Breuer schon viele Dienste erwiesen, sie vor geldgierigen Vermietern, gerissenen Heiratsschwindlern und Online-Betrügern geschützt. Jetzt, im Sommer 2019, sollte er für sie Detektiv spielen. »Also: es ist so, mein Bruder Alfred ist vor einem halben Jahr verstorben. Und ich suche jetzt seinen Sohn Johannes aus erster Ehe, aber der ist verschwunden, keiner weiß wo. Seine Mutter war ein Engel, leider starb sie nach langer Krankheit, und Alfred heiratete Elke, die Pflegerin, einen ziemlichen Besen. Die begluckte Alfred, ließ keinen mehr an ihn ran und erteilte Johannes Hausverbot. Gleichzeitig rief sie ständig bei ihm an und mir schickte sie wöchentlich bösartige Briefe: Johannes wäre ein Muttersöhnchen, das seinen Vater nur ausgenutzt habe. Das werde sie jetzt ändern...« Johannes aber sei ein lieber Kerl gewesen, der Konflikten aus dem Weg gegangen sei. Er zog um, ohne sich abzumelden, kündigte Festnetzanschluss und Handy-Vertrag. Elke aber hatte nun die alleinige Macht über Alfred und ließ sich als Alleinerbin ins Testament eintragen. Als Alfred starb, konnten ihre Krokodilstränen am Grab nicht verbergen, dass sie sich als »Lustige Witwe« fühlte. Doch als Schwester des Verstorbenen erhielt Frau Breuer nun einen Brief vom Nachlassgericht mit einer Kopie des Erbvertrages: Ein klassisches »Berliner Testament«. Erbe der Erstversterbenden wird der Letztversterbende, Schlusserbe wird der gemeinsame Sohn Johannes. Das Testament zugunsten von Elke war damit unwirksam. Wie sich herausstellte, bestand der Nachlass im Wesentlichen aus 500 Apple-Aktien, die Alfred noch vor dem Aktiensplit gekauft hatte. Daraus waren inzwischen 14.000 Papiere geworden, Wert derzeit 140 Euro pro Stück. Aber wo war Johannes? Anfragen bei den Finanzämtern gingen ins Leere, kein Eintrag in der Schufa. Keine Schulden nirgends. Da kam Jens Hilfreich eine Idee: Er diktierte seiner Sekretärin einen Brief, zu senden mit dem Briefkopf der Kanzlei an alle Arbeits-agenturen in Deutschland: »Sehr geehrte Damen und Herren, als ehrlicher Steuerzahler möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Johannes Breuer ... eine Erbschaft nach seinem Vater in Millionenhöhe gemacht hat, Kopie des Eröffnungsprotokolls füge ich bei.« Es dauerte keine drei Wochen, da meldete sich ein empörter Johannes Breuer am Telefon, weil ihm aufgrund eines Schreibens dieses Rechtsanwalts Hilfreich das ALG II gestrichen worden war. Letzte Woche verkaufte Johannes Breuer seine Apple-Aktien. Tags darauf kam er mit einer Flasche Champagner in Hilfreichs Kanzlei und sagte: »Aber wie erklär ich das jetzt meiner Frau? Die glaubt immer noch, ich bezieh ALG II!« - »Ich glaube, das ist Ihr Problem!«, zwinkerte Hilfreich und ließ den Korken knallen. • |