August 2014 - Ausgabe 161
![]() |
Kreuzberger
Oskar Huth und die Kunst des Überlebens ![]()
von Alf Trenk
|
![]() |
Von Oskar Huth ging die Fama, er sei in sämtlichen Wissensgebieten bewandert – vom Klavierbau über alte Maltechniken bis hin zur Seefahrt. In die bunte Szene des gerade eröffneten Leierkasten schien er dennoch nicht so recht zu passen, dieser Vierzigjährige mit Bügelfalte, Fliege, Menjoubärtchen und elegant geschwungenem Spazierstock. Doch sein Gesicht weckte Neugierde. Es war frei von den Spuren des Krieges, voll urbaner Heiterkeit und mit einem frivolironischen Zug in den Mundwinkeln. Wie, und auf welcher Seite, hatte so einer die kritischen Jahre überstanden? Die Antwort liegt natürlich in seiner Biographie.![]() Foto: Michael Hughes
1939 bringt er mit schwejkscher List einen grimmigen Oberstabsarzt dazu, ihn dienstuntauglich zu schreiben. Zwei Jahre lang schützen ihn »kriegswichtige Tätigkeiten«, dann will man ihn abermals einziehen. Oskar Huth verschwindet aus Berlin und sorgt für Indizien, die ihn zu einem der vielen Bombenopfer werden lassen. Dann fährt er heimlich zurück in die Hauptstadt. Nach einem nomadenhaften Winter überläßt ihm eine abwesende Freundin ihre Wohnung. Oskar Huth alias Haupt organisiert eine zentnerschwere Druckpresse, schafft sie mit Hilfe des Blockwarts in seinen Keller und installiert dort eine perfekt ausgestattete Fälscherwerkstatt. Während die Luftschutzgemeinschaft den fleißigen Mann bewundert, der sogar des Nachts noch »kriegswichtige« Arbeit leistet, entstehen Ausweispapiere und Buttermarken für verfolgte Juden. Huth ist auch Mann genug, sich als Frau zu verkleiden, um die Butter dorthin zu schmuggeln, wo sie gebraucht wird. Glück, Nerven und Schlagfertigkeit begleiten ihn so bis ans Kriegsende, das er im Keller einer Freundin erlebt, umgeben von Flammen, Panik und sinnlosem Sterben. ![]() Foto: Michael Hughes
|