August 2014 - Ausgabe 161
Geschichten & Geschichte
Oskar und die Beerdigung ![]() Autor unbekannt |
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von Harboe Mini Tode Aus dem fast undurchdringbaren Nebel der Erinnerung an Vorvorgestern, auf der Suche nach einer - oder waren es zwei oder gar drei Begegnungen mit diesem Oskar Huth, eine kleine Geschichte zu machen, fällt einem so viele Jahre danach (auch nicht nüchtern) nicht leicht. War es bei einer Freundin, zu der er kam, um zu stimmen - wobei der Beo ständig zwischendurch die Klaviertöne, das Telefon oder die Türklingel nachahmte - oder war es doch im Zwiebelfisch bei irgendeinem Treffen »danach«? Und wer mit wem und wieso und warum überhaupt? Nebel... Obwohl er, so glaube ich mich zu erinnern, nie im Mittelpunkt stehen wollte, was ihn wohl auch so sympathisch machte, versammelte sich groß und klein um ihn, um seinen in einer trockenen, leicht stockenden, nie nüchternen Art und Weise vorgetragenen Geschichten zu lauschen, ja, andächtig zuzuhören. Dies hier ist eine dieser Geschichten, möglicherweise eine nicht nüchtern zu lesende: Am 19. April 1977 starb Günter Bruno Fuchs und wurde auf dem Friedhof am Columbiadamm bestattet. Oskar Huth, besser Hütchen, machte sich, da er Beerdigungen nicht mochte, leicht widerwillig, wie er selbst erzählte, auf den Weg, um an der Beisetzung seines Freundes teilzunehmen. Seit Jahrzehnten gab es und gibt es immer noch einen Imbiss gleich am Anfang der Dudenstraße direkt neben der Haltestelle des 104ers, in dem sich in den Siebzigern und in den Achtzigern Trinker aller Couleur festsetzten, um ihre Brat- oder Currywurst, ihre Pommes mit Mayo oder ihre halben Hähnchen zu verspeisen und, selbstverständlich, dazu Bier und Schnäpschen in allen Mengen und Variationen zu trinken. Auch ein Käffchen war wohl möglich. Wenn ich mich recht erinnere, war Oskar, wie er es selbst erzählte, mit dem 19er, der jetzt der 119er ist, an jenem Tag aus der Innenstadt gekommen und am Mehringdamm, Ecke Dudenstraße, wo es damals noch eine Haltestelle gab, ausgestiegen, um Richtung Friedhof zu gehen oder zu fahren und stellte nun fest, dass er ja »noch etwas Zeit« hätte. Da ihm kalt war und ihm »eine kleine Stärkung für das traurige Ereignis« wahrscheinlich guttun würde, entschloss er sich, bei dem besagten Imbiss einzukehren, um einen, natürlich wie immer, mit der Kaffeebohne zu trinken – von dem andere sagen, dass er auch den Morgenkaffee ersetzt... Wie viele davon er an diesem Tag trank, ist unbekannt. Ebenso unbekannt ist, wie lange er dort war und worüber er mit den dort Ansässigen sprach, wie auch, ob seine Trauer sich an diesem Tag noch relativierte. Auf der Beerdigung jedenfalls war er nicht mehr erschienen, und somit hatte er sich auf seine ganz besondere Art und Weise von seinem guten alten Freund verabschiedet. • |