September 2010 - Ausgabe 120
Essen, Trinken, Rauchen
Sas im Café Knickelkopp von Saskia Vogel |
Eigentlich hat sie schlechte Laune. Wie meistens. Doch als sie das Knickelkopp wieder verlässt, ist alles anders Das Café Knickelkopp ist ein Selfmade-Laden, denkt Sas und hat wie immer Recht. Erst war es ein kalter Keller in der Kreuzbergstraße, dann wurde er in »do-it-yourself«-Manier »mit viel Schweiß« renoviert. Sas lässt sich in eines der kitschigen 60er-Jahre-Sesselchen fallen, das antike Holztischchen könnte sie, wenn sie 120 Euro gerade flüssig hätte, vom Fleck weg kaufen. Fast alles hier ist käuflich. Yvonne bringt Tee auf einem quietschroten Plastiktablett, mit Honigflasche und poppigem Keks. Für das Backen von Himbeertorte, begeistert sich das Fräulein Tresenmädchen, »habe ich mich gerade total begeistert«. Überhaupt ist Yvonne genauso quirlig und aufgeschäumt wie der Cappuccino, den sie serviert. Als sie und Marion sich vor Jahren »gesucht und gefunden« haben, wollte Yvonne Kaffee aufbrühen und selbstgebastelte Accessoires verkaufen. Marion wollte es mit ayurvedischen Fußmassagen versuchen. Sofort war aus zwei ziemlich unterschiedlichen Ideen eine gemeinsame Geschäftsidee gestrickt. Jetzt ist das Café Knickelkopp so etwas wie ein »Kaffeeladen mit Shopping-Massage« oder anders: Ein Café, in dem sich Sas inmitten von Kuchenkrümeln die gestressten Katzentatzen massieren lassen könnte, um anschließend einen Kosmetikbeutel von Designerin »Fräulein Herz« zu kaufen. Für die Massage werden zwei asiatische »Noren« von der Decke herabgelassen, um ein Eckchen des Cafés abzutrennen. Dann geht Marion mit geschmeidigen Fingern und Öl zu Werk. »In Asien«, erzählt Yvonne, »ist es nicht ungewöhnlich, sich in der Öffentlichkeit massieren zu lassen, aber in Deutschland...« Bisher haben sich zwar erst zwei Frauen die Füße während des Cafébetriebs massieren lassen, verrät Yvonne und gibt mit ungetrübt guter Laune zu bedenken: »Aber vielleicht sind die Leute an Massage bei Bionade und Sandwich noch nicht so gewöhnt.« Sas könnte sich daran gewöhnen, denn nach einer Ayuveda-Massage schwankt man »wie verstrahlt durch die Gegend«. Deshalb wollen die »Knickelkopp«-Frauen zukünftig montags nur noch Kreuzberger Füße pflegen. 30 Minuten für 15 Euro. »Aber warum Knickelkopp«? Na, weil Yvonne als kleines Kind immer Strichmännchen mit riesigem Murmelkopf malte. Und ihre Urgroßmutter sie für ihre »Knickelköppe« lobte. Das selbst gezeichnete Männchen wurde zum Markenzeichen ihres selbstkreierten Accessoire-Labels. Und zum Namen des selbsterfundenen Cafés. Dabei sind Yvonne und Marion selbst Knickelköppe, tragen beide einen dunklen Bubikopf. Der eine Bubi ist akkurat gerade, der andere etwas weniger. Aber beide Knickelbubis sind süß, findet Sas. Und wahrscheinlich mit einem Topfdeckel am heimischen Küchentisch selbstgeschnitten. • |