Mai 2010 - Ausgabe 117
Die Literatur
Ein stolzes Schiff von Albert Methfessel |
Ein stolzes Schiff streicht einsam durch die Wellen, Es führt uns uns‘re deutschen Brüder fort! Die Flagge weht, die weißen Segel schwellen, Amerika ist der Bestimmungsort. Auf dem Verdecke stehen, noch einmal anzusehen, das Vaterland, das heimatliche Grün, Mann, Weib und Kind, eh‘ sie von dannen ziehen. Dort zieh‘n sie hin, wer wagt es, noch zu fragen Warum verlassen sie ihr Vaterland? O, altes Deutschland, kannst du es ertragen, daß deine Völker werden so verbannt? Schaut her. Ihr Volksbeglücker, schaut her, Ihr Unterdrücker, seht eure besten Arbeitskräfte flieh‘n, seht, wie sie über‘s große Weltmeer zieh‘n. Wir stehen hier am heimatlichen Strande und blicken unsern deutschen Brüdern nach. Nicht Hochmuth treibt sie aus dem Vaterlande, Nein, Nahrungslosigkeit und Noth und Schmach. Was hier nicht war zu finden, wollen sie sich dort begründen; Sie segeln von dem deutschen Boden ab und suchen in Amerika ein Grab. Dort zieh‘n sie hin auf wilden Meereswogen, arm kommen sie im fernen Welttheil an, und unter‘m fremden, weiten Himmelsbogen erwartet sie ein neues Schicksal dann: Elend, Armuth und Kummer wiegt sie gar oft in Schlummer. O altes Deutschland, kannst du ohne Grau‘n die Flucht der armen Landeskinder schau‘n?« |