Juli 2008 - Ausgabe 99
Briefwechsel
Rauch und Geist von Rachuni Recht |
Zartblau zieht der Rauch durch den Heidelberger Krug, Nebelschwaden hängen über der Idylle. Niemand, so Miriam Malkowsky, könne sich die Kneipe ohne Rauch vorstellen. Kein Klischee lässt die Autorin aus, wissend, dass Sucht niemals Freiheit sein kann, und dass sich sehr wohl eine Menge Leute den Krug auch ohne Rauch vorstellen könnten. Doch da wahrscheinlich auch die Autorin der Sucht anheim gefallen ist, wird es für sie schwierig, Vernunft walten zu lassen, und so wird das Blaue vom Himmel in den Qualm hinunter geredet. Freilich, dieser ist ein Faszinosum. Jedes Kind bekommt große runde Augen beim Anblick der dampfenden Glut. Feuer zu beherrschen und dieses auch noch furchtlos in sich hinein zu saugen, das macht seit Urzeiten Eindruck, und die Zigarre rauchenden französischen bürgerlichen Revoluzzer (Napoleon brachte die Phallussymbole nach Deutschland) verliehen dem Gift die Aura von Freiheit und Abenteuer. Aber dass dieser Qualm entsetzlich stinkt, merkt auch jedes Kind. Eine Initiative für Genuss haben die Wirte ins Leben gerufen. »Drum schmauch ich voll Zufriedenheit/ Zu Land, zu Wasser und zu Haus / Mein Pfeifchen stets mit Andacht aus« – komponierte auch Johann Sebastian Bach. Doch wirklich »genussvoll« rauchen nur jene wenigen, die gelegentlich rauchen – der heimliche Traum eines jeden Rauchers. Die meisten kann man dabei beobachten, wie sie hektisch in ihren Rocktaschen nach Feuerzeugen und Geldmünzen suchen. Kreuzbergs Kampfraucherkneipen gleichen Lungensanatorien: ausgemergelte Gestalten sitzen am Stammtisch, und die Dame mit dem gelblichen Gesicht hat schwarze Ränder unter den Augen, ihr keuchendes Lachen verendet in pfeifendem Husten. Den Namen des Kumpels, der vor zwei Jahren an Lungenkrebs starb, haben sie fast schon vergessen. Eine Romantisierung des Rauchens à la Malkowsky ist bestenfalls dazu geeignet, die armen Teufel in ihrer Sucht zu bestärken. Weshalb dieser Artikel eigentlich als Tabakwerbung mit einem Aufdruck »Rauchen tötet den Geist« hätte versehen werden müssen. »Entscheidungsfreiheit« fordert die Autorin. Ein schöner Traum! Raucher- und Nichtraucherlokale in trautem Nebeneinander. Man stelle sich vor, zwei Freunde möchten zusammen gemütlich ein Bier trinken gehen. Einer davon ist Raucher. In welche Kneipe werden sie gehen? In das Raucher-oder in das Nichtraucherlokal? Die Antwort, Freunde, weht im blauen Dunst. • Rachuni Recht Lieber Herr Recht, Ihr Brief beweist, wie schön das Streiten sein kann. Wir würden gern auf jedes Ihrer Argumente eingehen, doch haben Sie uns nur noch wenig Platz gelassen. In einem Punkt jedoch möchten wir vehement widersprechen: Die Autorin Miriam Malkowsky ist eine anerkannte Nichtraucherin. • Die Redaktion |