Dez. 2001/Jan. 2002 - Ausgabe 33
Die Kritik
D. Friedrichs im »Heidelberger Krug« von Jürgen Jacobi |
»Mit Grün stehe ich auf Kriegsfuß«. Der Maler spricht diese Worte mit viel Bedacht und Ruhe aus. Er lächelt dabei. Eine stürmische Haßliebe zum Grün ist es also nicht. Doch vielleicht eine reife und tiefe Verbindung zu dieser Farbe. Und so ruhig und wohlüberlegt wie seine Worte, so bedacht und gemessen setzt der Maler auch seine Linien und Flächen auf den Malgrund. Das Ungestüme, das Wilde oder Gestische liegt nicht in seiner Natur. Wer nun in seinen Bildern danach sucht, wie sich dieses gespannte Verhältnis zur Farbe Grün auswirkt, wird enttäuscht werden. Denn die Arbeiten von Friedrich spiegeln diese Auseinandersetzung nicht. Vielleicht auch deshalb nicht, weil wir weder vor der Wiedergabe der menschlichen Gestalt stehen, noch vor Naturdarstellungen. Vielmehr sehen wir die Variationen und Wechselwirkungen von Raum, Linie und Licht. Foto: Nikolaos Topp
»Ich habe die gebogene Linie wiederentdeckt!«, sagt Friedrich dann auch. »Sie hat etwas Körperhaftes, ist aber abstrakt genug, um nicht in einen plumpen Realismus auszulaufen.« Ganz leicht schwingt in dieser Aussage die Besorgnis des Malers mit, er könne sich zu weit aus seinem selbstgesetzten Rahmen entfernen. Das Konstruktive, das Halt-Gebende seiner Werke wird mit jedem weiteren Blick auf seine Bilder deutlich. Oft herrscht die senkrechte Gerade vor, vom dünnen Strich bis zur stützenden Säule. Meist endet sie vor dem unteren Bildrand, wie in realen Räumen, nach oben aber weist sie ins Imaginäre. Der Künstler läßt uns aufrecht gehen, immer auf dem Boden der Tatsachen. Aber nach oben sind wir frei. Gleichzeitig ist die Linie aber Begrenzung oder Freigabe von geometrischen Flächen. Begrenzung, wenn sie die Farbflächen klar nach allen Seiten abschirmt, Freigabe, wenn sie ähnlich wie Fenster oder Türfluchten in perspektivisch tiefer liegende Räume verweist. Diese Räume, unterschiedliche Farbflächen, verbreiten Licht. Es changiert von kalt bis warm, strömt dem Betrachter entweder entgegen oder zieht sich vor uns zurück. Aber der Betrachter folgt ihnen, dringt in immer tiefer führende Räume ein, vorbei an grauen bis schwarzen Streifen oder Flächen, die sich uns scheinbar in den Weg stellen, vorbei an gekrümmten Säulen und durch das Gespinst dünner Linien, die uns nicht aufhalten, sondern nur die Tiefe betonen. Selten begegnen wir dabei stützenden Diagonalen. So wandert unser Auge durch Farbräume kalter und warmer Prägnanz, durch ein Labyrinth von Räumen, obwohl Friedrich nur Flächen malt. Wände stellen sich uns entgegen, grau und nackt wie Beton, obwohl es nur wenige gerade Linien sind, die Friedrich gezeichnet hat. Säulen stehen uns plötzlich im Weg, doch so wie auch die Wände hindern sie uns nicht am Gehen, sondern geben einen Weg vor, halten das Bild und bannen die leuchtenden Flächen nur in begreifbare Grenzen. Und auf einmal wird es Licht, gleißend weiß wie Schneeflächen, blau wie ein Sommermorgen oder warm wie eine rotbraune Tonscheibe. Das Farbenspiel ist in Rechtecke und Quadrate gezwängt, manchmal ist es durchschnitten von Diagonalen oder Sehnen, und nie ist es mit Landschaften zu verwechseln. Foto: D. Friedrichs
Ein einziges grünes Bild aber gibt es doch. Der Maler zeigt es mit beinahe entschuldigender Geste. Aber wieder lächelt er. Fast der gesamte Malgrund ist grün, und mit einem einzigen Blick wird jedem Betrachter klar: Die beiden kommen niemals zusammen. Aber warum sollten sie auch. Friedrich kämpft nicht mit den Farben. Noch nicht einmal mit der Form. Er stellt sich kompositorischen oder farblichen Problemen auf seine Art: in Ruhe und mit Bedacht. Ab dem 7. Dezember sind seine Bilder in einer Ausstellung im Heidelberger Krug am Chamissoplatz zu sehen. Ob er »das Grüne« diesmal vielleicht doch aufhängen wird? <br> |